Originale Vorreden Musikalische Exequien SWV 279 - 281
De slash (/) is de toenmalige Duitse manier om een komma te schrijven.

[ naar de musicalische exequien ]

Absonderlich Verzeichnüs deren in diesem Wercklein
befindlichen Musicalischen Sachen / nebenst den
Ordinantzen an den Günstigen Leser.


IN diesem Musicalischen Wercklein seynd nur dreyerley Stücke oder Concert zu befinden. 1. Alle die jenigen Sprüche heiliger Schrifft / vnd Gesetzlein Christlicher KirchenGesänge / welche Ihre Selige verstorbene Gnaden / bey dero Lebzeiten auf Ihren in geheimb geschafften Sarck / außwendig auff dem Deckel vnd auff beyden Seiten auch zum Häubten vnd Füssen / verzeichnen vnd schreiben lassen / zusammen in ein Concert gefasset / vnd auffgesetzet / in Form einer Teutschen Missa, nach art der Lateinischen Kyrie, Christe, Kyrie Eleyson. Gloria in excelsis. Et in terra pax & c. 2. Die Wort oder der Text welchen Ihre Selige Gnade zu dero Leichpredigt erkohren vnd verordnet haben: HErr wenn ich nur Dich habe / etc. 3. Der von Ihrer Seligen Gnaden bey dero herrlichen Leich beysetzung verordnete Gesang Simeonis HErr nun Lässestu deinen Diener in Friede fahren / etc. Worzwischen ein absonderlicher Chor mit andern Worten eingeführet wird / deren anfang ist: Selig sind die Todten / etc. Folgen nun die Ordinantzen vnd anstellungen eines ieglichen Concerts.

I.
Ordinantz des Concerts oder der Teutschen Begräbnis
Missa: Nacket bin ich von Mutter Leibe kommen.
folg. 1.

1. Dieses nach art einer Lateinischen oder Teutschen Missa auffgesetzte Concert, ist eigentlich 6. Vocum oder mit 6. Sängern in die Orgel concertiret, vnd hat Zwei Discant, einen Alt, zwey Tenor, vnd einen Bass. 2. In der Alt Partey aber / so befindet sich in zweyen Versen auch noch eine Bass Stimme (wenn der Alt ohne das vaciret oder stillschweiget) welche zu besserer variation deß Concerts gemeinet ist / vnd dahero auch mit bestellet vnd gesungen werden muß. 3. Aus diesen sechs Concertat Stimmen können ferner (wo das Wort Capella stehet) Sechs andere Stimmen / biß auff die nechstfolgenden strichlein / abgeschrieben / vnd also noch ein absonderlicher Chor oder Capella mit angestellet vnd eingeführet werden. 4. Den Bassum Continuum habe ich den Sängern zum Vorteil / vnd zu berürung deren auff der Orgel zu diesen Wercke mir gefälligen chorden eine Quarta niedriger transponiret, ohngeachtet mir nicht ohnwissend / daß ad Quintam inferius, es auff der Orgel natürlicher kommen / damit auch vielleicht den ohngeübten Organisten eines theils besser gedienet gewesen were. 5. Weil die Gesetzlein der Teutschen KirchenGesänge von allerhand Tonis, ich in ein Corpus zusammen bringen sollen / hoffe ich verständige Musici mir verzeihen werden / wo ich aus den Schrancken Noni Toni bißweilen außschweiffen vnd solchen Kirchen Melodeyen nachgehen müssen. 6. Weme nun diese meine Arbeit gefallen möchte / könte deroselbigen sich bißweilen wie obgemeldet an statt einer Teutschen Missa vnd vielleicht in Festo Purificationis oder Dominica XVI post Trinitatis, auch nicht übel gebrauchen.

II.
Ordinantz der Motet: HErr wenn ich nur Dich habe.
fol. 14.

Ist Octo Vocum, hat zwey gleiche Chor, vnd kan auch ohne die Orgel nach beliebung angeordnet vnd musiciret werden.

III.
Ordinantz des Gesanges Simeonis: HErr nun lässestu deinen Diener im Friede fahren.
Fol. 16.

1. Ist zu wissen das dieses Concert zwey Chor vnd ieglicher Chor seine absonderliche Wort habe. Chorus primus ist Quinque Vocum vnd recitiret die Wort Simeonis: HErr nun lässestu deinen Diener. Chorus Secundus ist Trium Vocum, hat zwene Discant vnd einen Baritonum oder hohen Bass, singet folgende vnd andere Wort mehr: Selig seynd die Todten die in dem HErrn sterben. Mit welcher invention oder Choro Secundo der Autor die Freude der abgeleibten Sehligen Seelen im Himmel / in Gesellschafft der Himmlischen Geister vnd heiligen Engel in etwas einführen vnd andeuten wollen. 2. Primus Chorus werde allernechst bey die Orgel / Secundus Chorus aber in der ferne geordnet / vnd wie es etwa einem ieden für das rathsambste bedüncken wird. 3. Wer auch diesen Chorum Secundum noch ein: oder zweymal abschreiben lassen / vnd nach gelegenheit der Kirchen an vnterschiedenen Orten solche Partheyen anstellen wolte / würde des Autoris Hoffnung nach / den effect des Wercks nicht wenig vermehren.

Vor den Violon oder die grosse Bassgeigen etliche erinnerungen /
weil raum übrig gewesen /
Appendicis loco hieher gesetzet:

DAs der Violon oder die Grosse Bassgeige zu den Concertat Stimmen (wann nemlich / dieselbigen in ein still Orgelwerck alleine Concertiret vnd gesungen werden) das aller bequemste / anmutigste vnd beste Instrument, der Music auch eine sonderbahre Zierde sey / wann es recht gebraucht wird / erweiset nicht alleine der effect selbsten / Sondern bekräfftigen hieruber auch die Exempel der berümbtesten Musicorum in Europa, welche heutiges Tages dieses Instruments sich allenthalben bey ihren Anstellungen besagter massen gebrauchen. Dahero dann nicht ohnrahtsamb ist / daß bey vorhergehenden publicationen Musikalischer Contertirenden Sachen / nebenst dem Basso Continuo vor die Orgel / hierüber noch ein Abdruck vor den Violon gemacht / und dem opere beygefügt werde. Wie dann bey gegenwertigem Wercklein von mir auch geschehen / vnd künfftig bey / geliebts Gott / bald folgenden andern meinen Editonen es dero gestalt zu halten / Ich entschlossen bin. Ob nun wol vor mehr gemelten Violen ein absonderlicher vnd auff solch Instrument eigentlicher gerichteter Bass, vnd nicht nur der Abdruck des Basses vor die Orgel / könte aufgesetzt vnd publicirt werden / so lässet man es doch vmb ersparung der Vncosten willen / bey solchem Abdruck billich verbleiben: Vnd wird dem jenigen / welcher solch fundamental Instrument zu tractiren gelernet hat / zugetrauet / daß alles mit scharffen Gehör vnd gutem Verstande / Er zu handeln selbst wol wissen werde. Jedoch vmb der vngeübten willen / hab ich drey kurtze erinnerungen / hier bey setzen wollen / mit was discretion der Violen auß solchem Abdruck von Orgell Baß, gegeiget werden könne:
1. Wo ein Alt oder Tenor Clavis gezeichnet stehen / kan der Violen ebener massen / doch immer in der tieffen / oder in den Octaven darunter mit gestrichen werden / zum Exempel; zu einem Tricinio, alß zweyen Discanten vnd einem Alt, kan der Violen den Alt eine Octava niedriger mit gutem effect führen / iedoch ist zu mercken / wie folgt:
2. Wenn solche hohe Parteyen / sey gleich Discant, Alt oder Tenor, nach einander Fugen weiß eingeführet werden / daß so dann der Violen so lang still schweige / vnd mit dem Bass erst einfalle.
3. Ist auch in sonderheit zu observiren, wann etwa eine alleine auch zwey / oder mehr Vocal Bass stimmen concertiren, daß so dann der Violon auch still schweige / weil ohne deß der Vocal Bass das fundament füret vnd der Violon mit ebenmässigen Chorden oder Vnisonien eine vnangeneme harmonei verursachet. Wie dann dieses vnd was etwan mehr zu erinnern scheinen möchte / das Gehör vnd die Vbung geben vnd lehren wird.

[in: Erich H. MÜLLER: Heinrich Schütz. Gesammelte Briefe und Schriften, Regensburg o. J. (1930), S. 130 - 135]