Widmung Musikalische Exequien SWV 279 - 281

[opdracht van het muziekstuk aan de overledene in de vorm van een gedicht
auteur: Heinrich Schütz]

An Heinrich den Jüngeren Posthumus von Rheuß


An den
Christ~Seligst verstorbenen / Hochwolgebornen Herrn /
Herrn Heinrichen / den Jüngern vnd Eltisten Reußen /
Herrn von Plauen / etc.

WAr es denn nicht genug an dieser Straff vnd Ruhte /
Mit der / der höchste GOtt vns / aus gerechtem Muhte /
Umb vnsre schwere Sünd / vnd grosse Missethat /
Durch der Bellonen Grimm biß her gesteupet hat;
Indem was gutes nur war vormals angerichtet /
Nun lieget gantz vnd gar zertreten vnd zernichtet /
All' Ordnung ist zertrennt / Gesetze sind verkehrt /
Die Schulen sind verwüst / die Kirchen sind zerstört?
Daß eben auch darzu diß Vnglück muste kommen /
Daß Ihr / O wehrter Held / vns würdet hingenommen
Durchs Todes Wüterey / in der so trüben Zeit /
Vnd mehren vns dadurch so sehr die Noht vnd Leid?
Der Ihr den Musen wart jhr Schirm / Schutz / Freud vnd Wonne /
Der Ihr der Gottesfurcht wart eine helle Sonne /
Der Ihr habt Schulen neu- vnd Kirchen aufferbaut /
Vnd sie bestellet wol / vnd embsig zugeschaut /
Damit der Gottesdienst werd ohne falsch geführet /
Vnd mit Gesang vnd Klang auffs lieblichste gezieret /
Der Ihr / wie David selbst auch eure Zung vnd Hand /
Durch gantz kunstreichen Schall / erhoben vnd gewandt
Zu GOttes Ehr und Preiß / mit andern Musicanten /
Die Ihr geliebt so sehr / daß solcher Kunst Verwanten
Vier tausend gleichfals Ihr euch hättet auch bestellt /†)
Wann Ihr gewesen wärt jhm gleich am Gutt vnd Gelt.
Was soll ich melden hier, wie mein geringes Singen
Vnd Bäuerischen Thon / Ihr auch den schönsten Dingen
Zuachten pflaget gleich / vnd welche Huld und Gunst /
Vnd was für Woltaht Ihr mir wegen solcher Kunst /
Erwiesen offtermals: bevorauß weil genommen
Ich meinen Vrsprung hat / vnd auff die Welt war kommen
In euer Herrschaft Grund / in dem Ihrs selbst für Ehr
Euch hieltet / vnd darümb mich liebtet desto mehr.
Nun aber seyd Ihr hin von vns gerissen worden:
Jedoch Ihr euch befindt dort in dem Meister Orden
Deß himmelischen Chors / wo Usaph immerdar /
Sampt Heman / Jedithun vnd andrer Sänger Schaar /
Den dreimahl Heilgen GOTT lobsingen / rühmen / preisen /
Durch wundersüssen Thon / vnd allerschönste weisen /
Mit welchen Ihr zugleich auch eure Stimm erschwingt /
Vnd zu desselben Lob ein neues Lied erklingt.
Wolan / ergetzet Euch in solcher Lust vnd Freuden;
Wenn mir verhelffen wird daß dieser Angst vnd Leiden
Auch GOtt an solchen Ort / daselbst zuwohnen bey
Der Ausserwehlten Schaar / vnd Himmels~Cantorey;
So wollen wir zugleich auff Engelische Weisen /
Mit sampt den Cherubin vnd Seraphin hoch~preisen
Der Höchsten für vnd für / vnd singen: Heilig GOtt / **)
Ja Heilig / Heilig sey der grosse Zebaoht. ††)
Wir wollen mit dem Chor der vier vnd zwantzig Alten /
Die ümb deß Lammes Stuhl / in lieblichsten gestalten
Dort haben ihre Sitz / einstimmen gleicher weis /
Vnd singen: Dir O HErr gebühret Krafft vnd Preiß.***)
Ja mit dem grossen Heer von viel~viel tausend Scharen /
Zusingen wollen wir in Ewigkeit fortfahren:
Das Lamb höchstwürdig ist zunemen / mehr vnd mehr /†††)
Krafft / Weißheit / Reichthumb / Stärck / vnd Lob / vnd Preiß vnd Ehr.
Indeß seht günstig an / was meine Musen schencken
Euch wollen hier zu letzt / zum Ehren angedencken /
Vnd achtet / weil es ist gar schlechtlich zu bereitt /
Daß es geschehen sey noch in der sterblichkeit.


Heinrich Schütz.


†) 1. Chron. 24.5.
*) Kösteritz / eine Meil weges von Gera
**) Es. 4.4.
††) Apoc. 4.8.
***) Apoc. 4.11.
†††) Apoc. 5.12.

[in: Erich H. MÜLLER: Heinrich Schütz. Gesammelte Briefe und Schriften, Regensburg o. J. (1930), S. 128 - 130]